8. Januar 2022

Irdisches Leben für die Weiten des Weltalls



Die Möglichkeit interstellarer Reisen war bislang Science-Fiction. Allmählich scheint diese Möglichkeit in greifbare Nähe zu rücken, wenn man Wissenschaftlern der University of California, namentlich Philip Lubin und Joel Rothman, Glauben schenken mag.

Seit die ersten Menschen mit den Apollo Mondmissionen 1969 und in den Folgejahren den ersten Schritt ins All machten, träumt die Menschheit davon, eines Tages das eigene Sonnensystem zu verlassen und in die Tiefen des Alls zu reisen. Vielleicht sogar zu den nächsten Sternen und deren Planeten.

"Ich denke, es ist unser Schicksal, weiter zu forschen", sagte Rothman. "Schauen Sie sich die Geschichte der menschlichen Spezies an. Wir erforschen auf immer kleineren Ebenen, bis hinunter in subatomare Dimensionen, und wir erforschen auch in immer größerem Maßstab. Dieser Drang zur unaufhörlichen Erforschung liegt im Kern dessen, was wir als Spezies sind".

Die größte Herausforderungen bei interstellaren Reisen sind die gigantischen Dimensionen, die zu überbrücken sind. Die Voyager-Missionen haben bewiesen, dass wir Raumsonden Milliarden von Kilometern - über die Grenzen der Heliosphäre hinweg - schicken können. Voyager 1 ist 45 Jahre lang mit 61.500 km/h unterwegs und hat gerade mal die "Blase unseres Sonnensystems" verlassen. Der Flug zum nächsten Sternensystem würde 80.000 Jahre dauern.

Klar ist somit, dass wir das Vorhaben interstellarer Reisen mit herkömmlicher chemischer Antriebstechnik gleich wieder vergessen können.

Laserlicht als Antriebsmittel

Umso mehr Masse ein Objekt hat, desto mehr Energie muss aufgewendet werden, um es zu beschleunigen. Ein bemanntes Raumschiff auf entsprechende Geschwindigkeiten zu beschleunigen scheint derzeit noch nicht realisierbar. Angedacht ist aber, kleine Objekte, Micro-Raumschiffe mit einer Größe von etwa 10x10 Zentimetern und einer Masse von nur wenigen Gramm, auf relativistische Geschwindigkeiten zu beschleunigen. Wir sprechen hier von etwa 20 bis 30% der Lichtgeschwindigkeit.

Die Micro-Raumschiffe werden zunächst mit herkömmlichen Raketen ins All befördert. Darin haben wir ausreichen Erfahrung. Was dann kommt, ist aber neu.

Eine Laser-Kanone, installiert auf der Erde, oder besser am Mond, schießt einen gebündelten Lichtstrahl auf die kleine, ultraleichte Raumsonde und beschleunigt diese in kurzer Zeit auf besagte Geschwindigkeit.

Ausgestattet mit einem kleinen Schutzschild, um Beschädigungen durch kosmischen Staub zu verhindern, reist die Sonde dann zu den Sternen. Das nächste Sternensystem wäre so in etwa 20 Jahren erreichbar.

"Als ich erfuhr, dass die Masse dieser Raumfahrzeuge Grammwerte oder mehr erreichen könnte, wurde mir klar, dass sie lebende Tiere aufnehmen könnten", sagte Rothman, der erkannte, dass die Kreaturen, die er seit Jahrzehnten studiert hatte, C. elegans genannt, die ersten Erdbewohner sein könnten, die zwischen den Sternen reisen. Diese intensiv untersuchten Spulwürmer mögen klein und unscheinbar sein, aber sie sind experimentell versierte Lebewesen, so Rothman.

C. elegans sind bereits Veteranen der Raumfahrt, da sie Gegenstand von Experimenten auf der Internationalen Raumstation und an Bord der Raumfähre waren und sogar den tragischen Absturz der Raumfähre Columbia überlebten. Zu ihren besonderen Fähigkeiten, die sie mit anderen von Rothman untersuchten potenziellen interstellaren Reisenden teilen, gehört, dass Bärtierchen (oder liebevoller: Wasserbären) in einen Schwebezustand versetzt werden können, in dem praktisch alle Stoffwechselfunktionen zum Stillstand kommen. Tausende dieser winzigen Lebewesen könnten auf eine Waffel gelegt, in einen Scheintod versetzt und in diesem Zustand bis zum Erreichen des gewünschten Ziels geflogen werden. Dann könnte man sie in ihrem winzigen StarChip aufwecken und genau beobachten, ob sich die interstellare Reise auf ihre Biologie auswirkt, und die Beobachtungen per photonischer Kommunikation an die Erde weiterleiten.

Diese Antriebstechnik könnte im Laufe der Zeit verbessert werden, um später vielleicht auch massereichere Objekte auf relevante Geschwindigkeiten zu beschleunigen.

Eine weitere Frage, die derzeit in der breiteren Weltraumforschungsgemeinschaft erörtert wird: Wie sieht es mit der Ethik aus, wenn man Menschen zum Mars und zu anderen weit entfernten Orten schickt, obwohl man weiß, dass sie vielleicht nie wieder zurückkommen? Was ist mit dem Aussenden von kleinen Mikroorganismen oder menschlicher DNA? Diese existenziellen Fragen sind so alt wie die ersten menschlichen Wanderungen und Seereisen, und die Antworten darauf werden wahrscheinlich in dem Moment kommen, in dem wir bereit sind, diese Reisen zu unternehmen.

"Ich denke, wir sollten und werden die Sehnsucht nach Entdeckungen, die unserer Natur innewohnt, nicht unterdrücken", so Rothman.





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